3. KAPITEL

Skye kam zum Ende ihrer Rede vor der Frauengruppe in Austin. Sie hatte mit ein paar lustigen Begebenheiten begonnen und endete mit einigen Fallstudien über besondere Kinder, um ihr Anliegen deutlich zu machen. Im Mittelteil hatte sie geschickt einige Statistiken über die mehr als zwölf Millionen Kinder zitiert, die in Haushalten mit mangelnder Ernährung lebten. Eine Statistik, die ihre Stiftung zu ändern gedachte.

»Und nun haben wir noch ein paar Minuten für Fragen«, sagte sie, hinter ihrem Stehpult stehend.

Eine junge Frau in einem knallroten Anzug stand auf. »Warum haben Sie ausgerechnet dieses Thema gewählt? Sie sind eine Titan. Sie kennen sehr wahrscheinlich noch nicht mal jemanden, der hungrig zu Bett gehen musste.«

Diese Frage war Skye schon öfter gestellt worden, und es hatte sie jedes Mal genervt. Musste sie Krebs haben, um für die Erforschung von Medikamenten dagegen zu spenden? Sie hatte auch noch nie eine Naturkatastrophe erlebt. Durfte sie deswegen das Rote Kreuz nicht mehr unterstützen?

Sie ermahnte sich, an das große Ganze zu denken, und sagte sich, dass die Fragerin sehr wahrscheinlich einfach nur neugierig war.

»Als meine Tochter ein Jahr alt war«, fing sie an, »fiel sie die Treppe herunter und schlug sich den Kopf an einem Tisch auf. Überall war Blut, und als gute Mutter bin ich natürlich sofort in Panik ausgebrochen.«

Die Frauen im Zuschauerraum lachten.

Skye lehnte sich ein wenig vor. »Wir fuhren in die Notaufnahme, wo man sie behandelte. Während ich darauf wartete, das Formular für die Versicherung ausfüllen zu können, kaufte ich eine Tüte Kekse an einem Süßigkeitenautomaten. Ein Mädchen von vielleicht sieben oder acht Jahren kam zu mir und fragte, ob ich die Kekse essen würde.«

Die Zuschauer vor ihr verschwammen, und Skye war wieder im Wartezimmer der Notaufnahme. Das Mädchen hatte blonde Haare und war so dünn, dass ihre Kleidung wie ein Sack an dem schmalen Körper hing.

»Ich habe ihr die Kekse gegeben und sie gefragt, mit wem sie da sei. Sie sagte, dass ihre Mutter eingeliefert worden war. Sie lebten auf der Straße, und das Mädchen hatte seit drei Tagen nichts gegessen. Ich bat meine Schwester, meine Tochter nach Hause zu bringen, und nahm das Mädchen mit in die Cafeteria, damit sie etwas zu Abend essen konnte. Als die Sozialarbeiterin ankam, war sie vom Zustand des Mädchens überhaupt nicht überrascht. Es passiert einfach viel zu oft, und zwar ganz in unserer Nähe.«

Skye atmete tief ein. »Ich fuhr nach Hause und kümmerte mich um meine Tochter, aber ich konnte das andere Mädchen einfach nicht vergessen. Ich habe die Sozialarbeiterin angerufen und einen Termin mit ihr vereinbart. Ich wollte mit ihr über die Möglichkeit sprechen, Pflegemutter zu werden. Ich wusste, dass ich irgendetwas unternehmen musste. Aber als ich zu dem Termin kam, war die Frau müde und beschäftigt und sagte mir, dass sie keine Zeit für irgendwelche reichen Leute hätte, die zur Gewissensberuhigung so taten, als würden sie etwas ändern wollen. Ich sei eine Titan. Warum täte ich nicht etwas, was wirklich nützlich wäre?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich war wütend und verletzt, aber ich dachte auch, dass sie vielleicht recht hatte. Von meiner Mutter hatte ich eine Erbschaft, die das Gründungsvermögen für meine Stiftung wurde. Wir ernähren über eine Million Kinder im Jahr. Und wenn ich ,ernähren‘ sage, meine ich nicht hier mal ein Mittagessen und da ein festliches Weihnachtsmahl. Wir stellen hier, in unserem Land, für alle diese Kinder ein bis drei Mahlzeiten am Tag zur Verfügung. Unser Ziel ist es, dass niemals mehr ein Kind hungrig zur Schule oder ins Bett gehen muss. Es ist ein sehr ambitioniertes Ziel, das gebe ich zu. Aber ich glaube, dass wir es schaffen können. Wir können etwas verändern, mit einer Tüte Kekse nach der anderen.«

Sie beugte sich näher ans Mikrofon. »Was tun Sie, um etwas zu verändern?«

Die Frau in dem roten Anzug setzte sich wieder.

Die Fragen gingen noch ein paar Minuten weiter. Danach unterhielt sich Skye mit einigen der Frauen, nahm ein paar Schecks für ihre Stiftung entgegen und fuhr dann zum Flughafen, wo sie den Shuttleflug nach Dallas nahm. Eine Stunde später war sie wieder in ihrer Stiftung.

»Das hast du gut gemacht«, begrüßte ihre Sekretärin Elsa sie, als sie das Büro betrat. »Wir hatten bereits drei Anrufe von Leuten, die Silber-Level-Sponsoren werden wollen. Ich schicke die Anmeldeunterlagen gleich heute noch raus.«

Skye übergab ihr die Schecks. »Wir wachsen«, sagte sie. »Das ist genau das, was wir wollen. Je mehr Menschen sich für das Problem interessieren, desto mehr Chancen haben wir auf eine wirkliche Veränderung.« Sie zog ihr Jackett aus und schlüpfte aus den hohen Schuhen. An den meisten Tagen trug sie legere Kleidung bei der Arbeit, aber wenn sie eine Rede halten musste, wollte sie seriös aussehen. »Was gibt es sonst noch Neues?«

»Glenna möchte dich sprechen«, erwiderte Elsa. »Sie sagte, es sei wichtig. Ich habe dir die nächste Stunde freigehalten, danach hast du dann dein Telefoninterview mit der LA Times.«

Obwohl die Stiftung eine hervorragende PR-Abteilung hatte, schien nichts auch nur annähernd so interessant zu sein wie ein direktes Gespräch mit einer Titan. Immer wenn sie sich über diese Zeitverschwendung beklagen wollte, erinnerte Skye sich daran, dass sie eine Mission hatte. Was machte es schon, wenn sie sich gestört, müde oder in zu viele Richtungen gezogen fühlte? Sie sorgte dafür, dass hungrige Kinder etwas zu essen bekamen. Was könnte wichtiger sein?

»Habe ich vorbereitete Antworten?«, fragte sie ihre Sekretärin.

Elsa zog einen Hefter hervor, der alle Statistiken über Hunger in Amerika enthielt, dazu Informationen darüber, wie die Stiftung jeden Penny so sehr auswrang, dass er um Gnade schrie, ihre Erfolge auf Fundraising-Veranstaltungen und eine Liste dessen, was ein durchschnittlicher Mensch tun konnte, um die Sache zu unterstützen.

»Großartig. Danke. Und schick mir bitte Glenna herein.«

»Mach ich.«

Skye hatte noch Zeit, zwei E-Mails zu beantworten, bevor ihre Geschäftsführerin eintrat. Glenna war eine gestandene Geschäftsfrau um die vierzig, die genau wusste, wie man eine gemeinnützige Einrichtung erfolgreich führte. Und Skye hatte alles gegeben, um sie für ihre Stiftung zu gewinnen.

»Ich habe heute den Lunch-Termin gehabt«, informierte Skye sie, als Glenna kurz innehielt, um die Tür hinter sich zu schließen. Die andere Frau schaute besorgt. »Ich wollte mich eigentlich darüber beschweren, aber irgendetwas sagt mir, dass ich das lieber lassen sollte.«

Glenna hatte sorgfältig geschnittenes dunkles Haar und ein freundliches Lächeln. Nur dass sich das heute nicht zeigte.

»Wir haben ein Problem«, begann sie und setzte sich in den vor Skyes Schreibtisch stehenden Sessel. »Ein weiteres. Und es ist groß.«

Diese Ankündigung gefiel Skye überhaupt nicht. Vor ein paar Monaten hatte jemand sie beim Bezirksstaatsanwalt angezeigt, weil ihre Stiftung angeblich nur eine Fassade für Geldwäsche sei. Skye und ihre Leute waren zwar von allen Anklagepunkten freigesprochen worden, aber der Beweis ihrer Unschuld hatte zu viel Zeit und Geld gekostet.

Glenna reichte ihre einige Zeitungsartikel. »Die hier habe ich aus dem Internet heruntergeladen. Zwei davon werden in den nächsten Tagen auch gedruckt erscheinen. Darin steht, dass unsere leitenden Angestellten exorbitante Gehälter und Bonuszahlungen erhalten. Geld, mit dem Kinder ernährt werden sollen, wird für teure Urlaube, Autos und Partys verschwendet. Angeblich machst alleine du über eine Million Dollar im Jahr.«

Skye hätte schreien können. »Ich bekomme überhaupt kein Gehalt«, sagte sie mit bewusst ruhiger Stimme.

»Ich weiß das. Genau wie jeder andere, der hier arbeitet. Wir zahlen auch keine Boni in irgendwelcher Form. Das sind alles Lügen. Ich habe die Reporter kontaktiert und werde mich mit jedem von ihnen treffen. Ich werde herausfinden, von wem sie diese Informationen haben und warum sie sie veröffentlichen, ohne vorher die Richtigkeit zu überprüfen. Einer von ihnen behauptet, mit jemandem aus der Stiftung gesprochen zu haben.«

Skye fühlte sich, als hätte ihr jemand mit einer Eisenstange auf den Hinterkopf geschlagen. »Das ist verrückt.«

»Ich werde mich darum kümmern.« Glenna sah sie an. »Ich wollte nur, dass du weißt, was hier gerade los ist.«

»Danke dir. Das weiß ich zu schätzen. Und halte mich bitte auf dem Laufenden.«

Mit einem Nicken stand Glenna auf und verließ das Büro.

Skye nahm das Telefon und wählte die ihr so vertraute Handynummer. »Wo bist du?«, fragte sie, als ihre Schwester antwortete.

»Ungefähr fünf Minuten von dir entfernt. Wieso?«

»Kannst du kurz vorbeikommen? Ich muss mit dir über etwas reden.«

Auf Lexis Wort war Verlass. Keine fünf Minuten später schlenderte sie in Skyes Büro.

»Was ist los?« Lexi war die kühle, blonde Schönheit unter den Schwestern. Ihr gehörte ein Day Spa, und sie selbst war der beste Beweis für dessen Wirksamkeit. Ihre Kleidung war elegant, ihre Haut perfekt, die Haare ein schimmernder eisblonder Wasserfall. Obwohl sie beinahe im dritten Monat ihrer Schwangerschaft war, sah man ihr noch nichts an. Wenn sie keine Schwestern wären, würde es Skye leichtfallen, jemand so Perfektes wie Lexi nicht zu mögen.

Aber das spielte jetzt alles keine Rolle. Skye stand auf und umarmte ihre Schwester, dann führte sie sie zu dem Sofa am anderen Ende des Raumes.

»Ich habe wieder was von Garth gehört«, sagte sie.

»Oh, unser böser Halbbruder reckt sein übles Haupt?«

»So kann man sagen. Anscheinend war sein Tipp an den Bezirksstaatsanwalt wegen der Geldwäsche nur der erste Teil seines Plans. Jetzt hat er jemanden gefunden, der Reportern erzählt, dass wir überzogene Gehälter und Boni zahlen, ganz zu schweigen von den teuren Ferienreisen für unsere Mitarbeiter.«

Lexi nahm die Papiere, die Skye ihr hinhielt, las sie aber nicht. »Wir wussten, dass etwas in der Art passieren würde. Dass seine Kampagne gerade erst begonnen hat.«

Vor ein paar Monaten hatten die Schwestern die erste Drohung von Garth Duncan erhalten. Anfangs konnten sie sich keinen Reim darauf machen, wieso der erfolgreiche Geschäftsmann sich überhaupt für sie interessierte. Doch ein wenig Recherchearbeit hatte schließlich eine Unglaublichkeit zutage gebracht: Er war ihr Halbbruder, der uneheliche Sohn von Jed Titan.

Obwohl Jed behauptete, dass Garth und seine Mutter eine großzügige Abfindung erhalten hatten, die ihnen ein sorgloses Leben ermöglichte, war Garth auf Blut aus. Oder zumindest auf die Zerstörung der Titans. Er hatte sowohl Lexi als auch Skye und Jed geschäftlich und persönlich angegriffen. Und anscheinend war sein Rachefeldzug immer noch nicht vorüber.

»Glenna kümmert sich darum«, sagte Skye. »Aber diese Journalisten sind nicht dumm. Sie würden die Fakten überprüfen. Was bedeutet, dass Garth in der Lage war, ihnen Informationen derart zu geben, dass sie glaubwürdig wirkten.« Ihr wurde schlecht. »Kann er nicht auf jemand anderem herumhacken? Müssen es denn ausgerechnet wir sein?«

»Wir sind die Familie, die er nie hatte«, erinnerte Lexi sie, »Er ist wütend. Ich wünschte nur, ich wüsste, was sein Verhalten ausgelöst hat. Warum jetzt? Warum hat er so lange gewartet?«

»Was auch immer sein Plan ist, er scheint entschlossen, ihn durchzuziehen. Dieser Teil ist sogar besonders gut. Denn es ist zwar kein Fall für die Staatsanwaltschaft, aber für die IRS. Seine Anschuldigungen stellen unsere Gemeinnützigkeit infrage. Und schlimmer noch: Wer wird bei solchen Vorwürfen noch bereit sein, uns sein schwer verdientes Geld zu spenden? Böse zu sein bringt einen immer auf die Titelseite, aber die Richtigstellung erfolgt spät und irgendwo im hinteren Teil der Zeitung. Daran erinnert sich dann keiner. Nur die Anklage bleibt im Gedächtnis.«

Sie spürte die Frustration in sich aufwallen. »Ich bin bereit, zu akzeptieren, dass Garth uns aus irgendeinem Grund hasst. Aber mit dieser Aktion sorgt er dafür, dass Kinder hungrig bleiben. Interessiert das denn gar nicht?«

Lexi schüttelte den Kopf. »Ihn nicht.«

Skye stand auf und ging hinüber zum Fenster. »Das ist mehr als frustrierend. Ich habe mir hier den Hintern abgearbeitet. Ich will etwas verändern, und das habe ich erreicht. Wenn der Rest meines Lebens den Bach runtergeht, erinnert mich die Stiftung daran, was wichtig ist. Dass ich unterm Strich die Mahlzeiten zählen kann, die wir ausgegeben haben, und die Leben, die durch unsere Arbeit verbessert wurden. Ich werde nicht zulassen, dass er das mir oder den Kindern nimmt.«

Lexi hatte sich ebenfalls erhoben und trat nun neben ihre Schwester. »Er wird nicht gewinnen. Das lassen wir nicht zu.« Sie umarmte Skye. »Wir sind die Titan-Girls. Mit uns legt sich keiner an.«

»Dieses Memo scheint Garth nicht erhalten zu haben.«

»Dann schicken wir einfach noch eines.«

»Okay. Gib mir noch eine Minute, und meine Angriffslust kehrt zurück.«

»Wir kriegen ihn. So oder so.«

»Ich weiß.«

Sie gingen zum Sofa zurück. Lexi setzte sich Skye gegenüber.

»Gibt es noch etwas, das du mir erzählen willst?«, fragte sie. »Normalerweise lässt du die Dinge doch nicht so an dich heran. Du bist genau so ein Kämpfer wie alle von uns.«

Skye lehnte sich in die weichen Kissen zurück. »Im Moment habe ich einfach so viel um die Ohren. Ich bin ein bisschen abgelenkt. Aber das wird schon wieder.« Sie zögerte. »Mitch ist zurück. Ich habe ihn gesehen.«

Lexi schaute sie verblüfft an. »Oh mein Gott! Wie war es? Wie geht es ihm?«

»Ich bin mir nicht sicher. Er ist anders. Ich weiß, dass es Jahre her ist und er eine Menge durchgemacht hat. Aber ich dachte nicht, dass ...« Dass er so gemein werden würde, dachte sie, aber sie wusste, dass sie diesen Gedanken nicht laut aussprechen konnte. Sie liebte ihre Schwester und vertraute ihr vollkommen, aber sie war noch nicht bereit, über das zu sprechen, was passiert war. »Er ist jemand, den ich einmal kannte, richtig? Nur ein Junge aus meiner Vergangenheit.«

»Du sagst das so«, sagte Lexi sanft, »als ob du uns davon überzeugen willst, dass er keine Rolle mehr spielt. Aber die Tatsache, dass er dich so durcheinandergebracht hat, bedeutet doch, dass er dir sehr wohl noch etwas bedeutet. Zumindest ein kleines bisschen.«

»Das will ich aber nicht.«

»Vielleicht hast du keine Wahl.« Lexi lächelte. »Sieh mal, er war deine erste Liebe, dein erster Liebhaber. Die Beziehung ist nicht einfach so auseinandergegangen. Es war emotional brutal für beide von euch. Ihr wurdet auseinandergerissen.«

»Meinetwegen«, ergänzte Skye bitter.

»Das wird Mitch nie vergessen. Du hast ihn verletzt.«

»Ich hatte keine Wahl.« Sie warf ihrer Schwester einen Blick zu, forderte sie geradezu heraus, ihr zu widersprechen. Zu sagen, dass man immer eine Wahl hatte. Aber es war einfach, aus der Entfernung kritisch zu sein. Skye hatte ihre Mutter verloren, als sie gerade einmal zehn Jahre alt war. Sie hätte alles getan, um wenigstens ihren Vater zu behalten - und das beinhaltete, Mitch aufzugeben.

»Ich weiß«, beruhigte Lexi sie. »Aber das konnte Mitch nicht verstehen. Da war diese unglaubliche Intensität zwischen euch. Kein Wunder, dass ihr beide so sehr verletzt worden seid.«

»Wann bist du denn sensibel geworden?«, grummelte Skye. »Ich will die Verständnisvolle sein.«

»Das wirst du auch. Nur nicht in dieser Sache. Ich könnte, was Cruz betrifft, nicht eine Minute rational sein, auch wenn ich es wollte.«

Alleine den Namen ihres Verlobten auszusprechen ließ Lexi strahlen. Skye tat ihr Bestes, um nicht neidisch zu sein, aber es war schwer. Liebe sollte kraftvoll und überwältigend sein - so wie mit Mitch vor so vielen Jahren. Sie hatte ihren Ehemann geliebt, aber es war nie die gleiche, alles verschlingende Leidenschaft gewesen. Sie hatte Ray verehrt, aber für Mitch gebrannt ... länger, als sie es gedurft hatte. Noch ein Geheimnis, dachte sie traurig.

»Du warst jung«, unterbrach Lexi ihre Gedanken. »Es ist lange her. Du musst aufhören, dich zu geißeln.«

»Weil du denkst, ich habe die falsche Entscheidung getroffen?«, fragte Skye. »Das habe ich nicht. Ich habe getan, was ich tun musste. Was richtig war.«

»Ich weiß.«

Lexi sprach die Worte zwar aus, aber Skye war nicht sicher, ob sie sie auch glaubte. Skye hatte die Liebe gegen ein sicheres Leben getauscht. Wer tat so etwas schon? Hatte sie die Konsequenzen ihres Handelns damit nicht auch verdient?

»Ray aufzugeben hätte bedeutet, auch Erin aufzugeben. Sie ist meine Tochter. Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen.«

»Ich weiß«, sagte Lexi wieder. »Sie ist unglaublich. Du kannst dich glücklich schätzen, sie zu haben. Und ist das nicht das Wichtigste?«

»Ja«, murmelte Skye. Vor ein paar Monaten war ihr Leben langweilig und vertraut gewesen. Jetzt hingegen gab es nur noch wenig, auf das sie sich verlassen konnte.

»Und wegen Mitch«, fuhr Lexi fort. »Warum machst du dir Sorgen um ihn? Es ist ja nicht so, als ob du ihm sehr oft begegnen würdest.«

»Du hast recht. Ich weiß, dass er zurück ist, wir haben miteinander gesprochen, und das war‘s, punktum. Wir werden uns sicher nicht alle naslang über den Weg laufen.«

Es war kurz nach vier, als Skye einen Aufruhr vor ihrer Bürotür hörte. Sie stand auf, um der Sache nachzugehen, aber bevor sie den Raum durchqueren konnte, wurde die Tür aufgerissen, und Mitch trat ein. Elsa lief neben ihm her und versuchte, ihn aufzuhalten.

»Tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe ihm erklärt, dass du beschäftigt bist, aber er hat darauf bestanden.«

Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte Mitch mehr als nur darauf bestanden, zu ihr vorgelassen zu werden.

»Ist schon gut«, beruhigte Skye ihre Assistentin. »Mitch und ich sind alte Freunde. Ich freue mich, ihn zu sehen.«

Elsa wirkte zwar nicht überzeugt, aber sie nickte und ging zurück zu ihrem Schreibtisch.

»Setz dich.« Skye deutete auf den Stuhl vor ihrem Tisch.

»Nein, danke. Ich brauche nicht lange.«

Er sieht gut aus, dachte sie und betrachtete seine Jeans und das weiße Hemd. Wütend, aber gut. Seine Gesichtsfarbe war gesünder als bei ihrem letzten Treffen, und die schmerzlichen Linien um seine Augen waren auch nicht mehr so stark ausgeprägt.

Trotz allem, was passiert war, trotz allem, was er zu ihr gesagt hatte, war sie glücklich, ihn zu sehen. Sie wollte zu ihm gehen und ihn in die Arme schließen. Sie wollte eine ganze Menge mehr mit ihm anstellen, was sehr wahrscheinlich bedeutete, dass sie reif für eine Intensivtherapie oder zumindest für ein Selbsthilfebuch mit einem griffigen Titel war.

»Du bist augenscheinlich verärgert«, untertrieb sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das finde ich interessant. Wenn jemand das Recht hat, wütend zu sein, dann bin es ja wohl ich.«

»Glaubst du, dass ich blöd bin?«, fragte er.

»Ist das eine Fangfrage?«

Er ignorierte ihren Einwurf. »Ich hatte am Samstag beim Frühstück einen interessanten Gast. Erin.«

Skye öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder. Sie war sich nicht sicher, was sie sagen sollte. Erin frühstückte an fast allen Wochenenden mit Fidela. Wenn Skye schon wach war, ritten sie gemeinsam hinüber. Wenn nicht, kam Arturo und holte das kleine Mädchen. Es war eine Tradition, die Erin sehr viel bedeutete.

»Lass mich raten«, fragte Skye bitter. »Du hast etwas dagegen, dass meine Tochter sich auf deiner Ranch aufhält. Jetzt halt aber mal die Luft an, Mitch. Ich weiß, dass du dich wieder in dein Leben und deine wirklich unfaire Situation einfinden musst, aber Erin hat damit nichts zu tun. Sie und Fidela beten einander an. Sie ist wie ihre Enkeltochter. Sie haben keine eigenen Kinder. Und da sie dich immer wie ihren Sohn behandelt haben, solltest du eigentlich wissen, wie das ist. Erzähl mir also nicht, dass Erin nicht mehr rüberkommen darf.«

»Du glaubst, dass es darum geht?«, fragte er. »Dass dein Kind mit Fidela Pfannkuchen isst?«

»Ja«, antwortete sie vorsichtig. »Worum denn sonst?«

»Interessante Frage. Erin hat mich zu ihrem Geburtstag eingeladen. Sie wird acht.«

»Okay ...?«

Er machte einen Schritt auf sie zu. »Hast du gedacht, ich würde es nicht herausfinden? Dass ich es nicht bemerken würde?«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.« Er schaute sie an, als würde er sie am liebsten in kleine Stücke reißen. Aber warum? Weil ihre Tochter acht wurde?

»Sie hat mir gesagt, an welchem Tag sie Geburtstag hat«, sagte er mit wuterfüllter Stimme. »Ich hab mal nachgerechnet. Wann zum Teufel hattest du vor, mir zu erzählen, dass Erin meine Tochter ist?«

Der Raum schien zu schwanken. Wären sie in Kalifornien, hätte Skye gedacht, dass es ein Erdbeben gäbe. Sie konnte nicht atmen, konnte nicht denken, und durch ihre wilde Ungläubigkeit hindurch tat in ihr alles für ihn weh. Wegen des Schmerzes, den sie ihm verursachen würde.

»Tu nicht so, als wärest du überrascht«, sagte er. »Ich weiß, wann wir das letzte Mal Sex miteinander hatten, Mädchen. Es war direkt nach meinem Antrag.«

»Ich erinnere mich«, sagte sie matt. Sie erinnerte sich an alles von dieser Nacht und dem folgenden Tag. »Oh Mitch. Nein.«

Mit zusammengezogenen Brauen sah er sie an. »Gib dir gar nicht erst die Mühe, so zu tun, als wäre sie nicht von mir.«

»Aber das ist sie nicht«, flüsterte sie.

Sein Gesichtsausdruck wurde finster. »Blödsinn. Entweder sie ist von mir, oder du bist ein Flittchen.«

Seine Worte trafen sie wie ein Schlag. »Das sind nicht die einzigen beiden Möglichkeiten.«

»Ach ja, und welche gibt es noch? Wenn Erin die Tochter von Ray ist, dann bist du mit dem alten Mann wann ins Bett gesprungen - zwei Tage später? Machst du es jetzt schon beim ersten Date, Skye?« Er verzog seinen Mund. »Ja, vielleicht tust du das. Heute brauchst du ja nicht einmal mehr ein Date. Nur einen verschwiegenen Platz in der Sonne und einen willigen Kerl.«

Sie hob die Hand, um ihn zu schlagen, doch er fasste ihr Handgelenk und hielt es so fest umklammert, dass es blaue Flecken geben würde.

»Sag mir«, flüsterte er mit glühenden Augen. »Hat es dir Spaß gemacht, mit dem alten Mann zu vögeln?«

Tränen brannten in ihren Augen. Sie befreite sich aus seinem Griff und trat zurück. Ihre Kehle fühlte sich so eng an, als würde sie nie wieder in der Lage sein, zu schlucken.

Es war nicht beim ersten Date passiert, sondern beim dritten, und sie hatte die ganze Zeit über geweint. Sie hatte mit Ray geschlafen, um herauszufinden, ob sie es konnte. Er hatte sie in den Armen gehalten und ihr immer wieder versichert, dass er ihr nicht wehtun wollte. Dass er sie schon immer für etwas ganz Besonderes gehalten hatte, aber wenn die Vorstellung, mit ihm zusammen zu sein, für sie so abstoßend wäre, würde er sie gehen lassen.

Er war liebenswürdig und verständnisvoll gewesen. Sicher, er hatte eine achtzehnjährige Braut gewollt, aber nicht um jeden Preis. Sie war versucht gewesen, ihm zu sagen, dass sie nie wieder jemanden außer Mitch lieben könnte. Aber Jed hatte sie zur Seite genommen und gewarnt: Wenn sie Ray zurückweisen würde, wäre sie nicht nur für ihn, ihren Vater, gestorben, sondern er würde auch die Cassidy-Ranch zerstören. Er würde Mitchs Erbe nehmen und es vom Angesicht der Erde tilgen.

Sie glaubte ihm, aber sie sehnte sich auch immer noch nach Mitch. Am Ende hatten die Umstände ihr die Entscheidung abgenommen. Sie war schwanger mit Rays Baby. Knapp acht Monate später war Erin geboren worden - fünf Wochen zu früh.

Jetzt sog sie scharf die Luft ein, wischte die Tränen fort und stellte sich Mitch.

»Erin ist nicht von dir«, sagte sie sehr deutlich.

»Ich glaube dir nicht, und ich werde dich dafür zerstören, dass du sie von mir ferngehalten hast.«

»Dazu müsstest du deine Vaterschaft erst einmal beweisen.«

»Ich will einen DNA-Test. Wenn du nicht zustimmst, werde ich nicht zögern, vor Gericht zu gehen.«

Ein Teil von ihr konnte ihn verstehen. Wenn man ihre Vergangenheit und die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse in Betracht zog, ergab es durchaus Sinn, dass Mitch dachte, Erin sei seine Tochter. Ein Teil von ihr hatte sich auch immer gewünscht, es wäre so. Es war ein Geheimnis, das sie vor Ray verborgen hatte. Eines, das sie beschämte. Aber sie hatte den Gedanken trotzdem nicht aufgeben können.

Mitchs Alternativen waren einfach: Entweder Erin war von ihm, oder die Frau, die er geliebt hatte, hatte ihn betrogen.

Sie überlegte, ob sie ihm von dem kleinen Muttermal erzählen sollte, das Erin auf dem Rücken hatte. Ein kleiner halbmondförmiger Fleck, den Ray mit allen seinen Kindern teilte. Aber sie bezweifelte, dass Mitch ihr glauben würde.

»Ich stimme dem DNA-Test unter der Bedingung zu, dass du Stillschweigen über die Sache bewahrst«, sagte sie leise. »Du wirst nicht mit Erin darüber sprechen. Ich will nicht, dass sie verletzt wird.«

»Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen.«

Sie hob das Kinn. »Erin ist meine Tochter. Sie ist ein Kind und hat es nicht verdient, sich in diesem ganzen Drama wiederzufinden. Wenn du wirklich glaubst, dass sie von dir ist, sollte dir daran gelegen sein, sie nicht zu verwirren oder zu verletzen. Sie darf davon nicht erfahren, bis die Ergebnisse vorliegen.«

Mitchs dunkle Augen verrieten nichts von dem, was in ihm vorging. »Einverstanden. Ich werde ein Labor anrufen, sie sollen jemanden vorbeischicken.«

Er drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort. Sie schaute ihm hinterher. Er ging langsam, aber sicher. Wenn sie nichts von seiner Prothese gewusst hätte, wäre ihr sehr wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, dass etwas nicht stimmte.

Als sie wieder allein war, sank sie in ihren Stuhl und schloss die Augen. Das hatte sie nicht erwartet. Kannte er sie denn nicht gut genug, um zu wissen, dass sie ihm niemals sein Kind vorenthalten hätte?

Offensichtlich nicht, dachte sie traurig. Er glaubte von ihr nur das Schlechteste. Wenn er die Wahrheit über Erin herausfand, würde er wissen, dass sie ihn nicht belogen hatte. Aber sie hatte das dumpfe Gefühl, dass das die schwierige Situation zwischen ihnen auch nicht wesentlich verbessern würde.

Mitch stand in der Mitte des Stalls. Der Geruch von Pferden und Heu war genau so, wie er ihn in Erinnerung hatte, aber dennoch fühlte er sich völlig fehl am Platz. Alles, was er früher immer als selbstverständlich betrachtet hatte, schien ihm jetzt nur noch aufzuzeigen, was er alles nicht tun konnte. Reiten? Er käme gar nicht auf ein Pferd, ganz zu schweigen davon, es zu lenken.

Reiten hätte so einfach sein sollen. Er könnte einen Hocker zu Hilfe nehmen, sodass er sich nicht mit dem linken Bein abstützen müsste, während er das rechte über den Sattel schwang. Aber er war nicht in der Lage, auf seiner Prothese das Gleichgewicht zu halten. Und einmal auf dem Pferd, hätte er keine Kontrolle über seine linke Ferse.

Die immer unter der Oberfläche schwelende Frustration bahnte sich ihren Weg nach oben. Was sollte er denn jetzt mit sich anstellen? Im Truck herumfahren wie ein alter Mann?

»Ich hab hier was für dich.«

Er drehte sich zu der Stimme um und sah Arturo, der einen Braunen in die Stallgasse führte. Der Wallach war groß und bewegte sich anmutig und leicht.

Mitch trat einen Schritt zurück. Mit der Hacke blieb er an einem Bodenbrett hängen und wäre fast rückwärts ins Heu gefallen.

»Das hier ist Bullet«, sagte Arturo und streichelte die Nase des Pferdes. »Er ist so trainiert worden, dass du von der rechten Seite aus aufsteigen kannst. Du musst auch nur deine rechte Ferse benutzen, um ihn zu führen. Er ist stark und schnell, mit einem kleinen Hitzkopf. Ich dachte, das habt ihre beide gemeinsam.«

Mitch ballte seine Hände zu Fäusten. »Ich brauche deine Hilfe nicht«, grummelte er.

»Vielleicht nicht, aber ich biete sie dir trotzdem an. Ich habe ihn von deinem Geld gekauft.«

Das hätte ihn eigentlich lächeln lassen sollen, aber Mitch war nicht nach Humor zumute. Er hasste alles an der Ranch. Die Hühner, die organisch gehaltenen Rinder, deren einzelne Schritte im Leben dokumentiert wurden. Er hasste es, dass der Strumpf an seinem Stumpf jede Nacht blutdurchtränkt war und dass die Albträume ihn vom Schlaf abhielten. Er hasste es, dass er so dankbar dafür gewesen war, überlebt zu haben, nur um dann herauszufinden, dass nichts in seinem Leben mehr so war, wie er es wollte.

»Du willst wieder reiten«, sagte Arturo zu ihm. »Das weiß ich.«

»Halte dich aus meinem Leben raus.«

Ein angespannter Zug legte sich um den Mund des alten Mannes. »Fein«, sagte er und ließ die Zügel fallen. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ließ Mitch und das Pferd alleine in der Stallgasse zurück.

Mitch fühlte sich wie ein Idiot. Er wusste, dass Arturo ihm nur helfen wollte, aber da gab es so viel ...

Er hörte Schritte und war überrascht, dass Arturo umgekehrt war. Aber als er zum Eingang schaute, sah er eine andere Silhouette.

»Du bist ein noch viel größerer Arsch, als ich gedacht habe«, sagte Skye, als sie den Stall betrat. »Fühlst du dich besonders männlich, wenn du den Menschen wehtust, die dich lieben?«

Sie war wirklich der letzte Mensch, den er jetzt sehen wollte. Schlimmer noch, sie hatte einen Teil von ihm gesehen, den er nicht immer unter Kontrolle hatte.

»Er liebt dich«, sagte sie. »Er will, dass du das weißt.« Sie streichelte den Hals des Pferdes. »Komm schon, Mitch. Warum ist das so schlimm?«

»Arturo geht es gut. Er kann auf sich selbst aufpassen.«

»Aber er sollte es nicht müssen, denn du bist seine Familie.«

»Geh einfach«, bat er sie.

Sie ging weiter auf ihn zu, bis sie schließlich direkt vor ihm zum Stehen kam. »Willst du mich dazu zwingen? Du hast den Gipfel dessen, was du an schlimmen Sachen zu mir sagen kannst, schon erreicht. Was kommt als Nächstes? Wirst du mich schlagen? Es wirkt so, als wenn du jemanden schlagen willst, also wieso nicht mich? Habe ich es nicht verdient?«

»Du magst es ein bisschen grober dieser Tage, was?«, schnaubte er.

Sie errötete, wich aber nicht zurück. »Ich weiß, dass einige Aspekte deines Lebens echt beschissen sind. Aber du bist wenigstens nach Hause gekommen. Das ist es, was zählt. Du hast Menschen, die sich über deine Rückkehr freuen. Das zählt noch mehr. Was mich interessieren würde: Hast du eigentlich einen Zeitplan für deine Mitleidsparty? Oder wirst du sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag feiern?«

»Klar. Es ist ja so einfach, sich von deinem perfekten Leben aus zum Richter aufzuschwingen. Willst du mit mir tauschen, Skye? Möchtest du einen Arm oder ein Bein abgeben? Leb erst einmal eine Weile so, dann reden wir weiter.«

»Du bist so ein Idiot.« Sie schüttelte den Kopf. »Hier geht es nicht um dein Bein. Hier geht es um dich.«

Er hätte sie zerquetschen können. Er wollte sie nehmen und betteln lassen. Er wollte sie nackt und verletzlich, und dann wollte er sich von ihr abwenden.

Sie schaute direkt in seine Augen, wie um ihn zu ermutigen, seine Gedanken in die Tat umzusetzen. Dann atmete sie tief durch.

»Ich habe Erins DNA-Probe abgegeben. Wann immer du bereit bist, kannst du das Gleiche tun. Damit wir das endlich hinter uns haben.«

»Erin ist von mir. Wir fangen also gerade erst an. Ich verbringe jede Nacht damit, mir all die Arten zu überlegen, auf die ich dich für das, was du mir angetan hast, bestrafen werde.«

Traurigkeit überschattete ihre grünen Augen. »Wenn mich zu hassen dich stärker macht, dann nur zu. Aber ich warne dich, freu dich nicht zu sehr darauf, es mir heimzuzahlen. Erin ist nicht von dir, Mitch. Egal, wie sehr du es dir auch wünschst, sie ist es nicht. Und wenn es für dich leichter zu ertragen ist, indem du mich ein Flittchen nennst, dann tu es meinetwegen. Denk nur daran: Das kleine Mädchen denkt, du bist ein Held. Wenn du ihr auch nur einen einzigen Grund lieferst, anders von dir zu denken, werde ich dafür sorgen, dass du bereust, überhaupt geboren worden zu sein.«

Das brachte ihn zum Lächeln. »Du glaubst, dass du das kannst?«

»Ganz sicher. Du bist so weit unten, dir ist es egal, ob du lebst oder stirbst. Ich hingegen habe etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Meine Tochter.«

Damit verließ sie den Stall. Den Rücken gerade, die langen roten Haare bei jedem Schritt wippend. Er schaute ihr hinterher, bewunderte ihren Kampfgeist, wie wahnsinnig er auch sein mochte. In diesem Spiel konnte es nur einen Gewinner geben, und das würde er sein.